“Krisenfest in die Zukunft” – Zwei Tage Vernetzung und Austausch rund um resiliente Stadtentwicklung

Vergangene Woche kamen alle im Projektaufruf “Post-Corona-Stadt” geförderten Projekte zwei Tage in Wittenberge zusammen, um dort in einem leerstehenden ehemaligen Kaufhaus über resiliente Stadtentwicklung, agile Strukturen sowie krisenfeste Ansätze zur Leerstandsbelebung zu diskutieren.

Das erste persönliche Vernetzungstreffen stand unter dem Motto “Krisenfest in die Zukunft”. Denn Ziel des Post-Corona-Stadt-Förderprogramms des Bundesministeriums für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen (BMWSB) ist die Erarbeitung von innovativen und krisenfesten Lösungen und Ansätzen für eine resiliente Stadtentwicklung nach der Pandemie. Bis 2024 stehen den 17 ausgewählten Pilotprojekten – eines davon unsere Zwischennutzungsagentur PopUp Prignitz – insgesamt 5 Millionen Euro zur Verfügung.

PopUp Veranstaltungsort: Tagung in leerstehendem Kaufhaus

Gemeinsam mit unserem Partner, dem TGZ Prignitz, waren wir Gastgeber-Projekt des Treffens. Um die Möglichkeiten der temporären Nutzung von Leerständen für alle Teilnehmenden anschaulich zu gestalten, wurde das ehemalige Kaufhaus in der Bahnstraße 51 in Wittenberge als Tagungsort ausgewählt. Das mehrgeschossige Gebäude steht aktuell leer, ist jedoch durch seine Größe und präsente Lage durchaus stadtbildprägend. Im letzten Jahr wurde es deshalb durch die Stadt Wittenberge selbst erworben, um in den kommenden Jahren zur Stadtbibliothek umgestaltet zu werden. Der Einzug der Stadtbibliothek in das Kaufhaus soll künftig zur Belebung der Innenstadt beitragen und gemeinsam mit den umliegenden Gebäuden wie dem Kultur- und Festspielhaus gegenüber zu einer “Neuen Mitte” Wittenberges werden.

Vernetzung und Austausch der bundesweit ansässigen Projekte

Nach einführenden Grußworten durch das Team von Urban Catalyst, das die Projekte im Auftrag des Förderers begleitet, Tilman Buchholz und Heiko Glockmann vom BMWSB, Dr. Katharina Hackenberg und Dr. Andrea Jonas vom Bundesamt für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) und Dr. Oliver Hermann, Bürgermeister von Wittenberge, konnte auch Leerstandsmanager Jens Knauer vom TGZ Prignitz unser gemeinsames Pilotprojekt PopUp Prignitz vorstellen. 

In den anschließenden Austauschrunden sprachen wir ausführlich über unsere Erfahrungen mit der Projektarbeit während der Corona-Pandemie. Schwierige Aspekte, wie die mangelnde Präsenzarbeit vor Ort, Herausforderungen durch Parallelstrukturen oder anfängliche Vorbehalte gegenüber neuen Ideen, aber auch positive Aspekte, wie das Entstehen digitaler Strukturen und Angebote, der vereinfachte Online-Austausch mit Netzwerkpartnern über große Distanzen oder die niedrigen Hürden zur Teilnahme an Online-Workshops, kamen dabei zur Sprache. Auch wenn die Projekte bundesweit sowohl in kleinen Orten wie Neuruppin oder Rendsburg als auch in den großen Städten wie München, Stuttgart, Hamburg oder Berlin ansässig sind – die Themen rund um den Aufbau und die Etablierung innovativer (Stadtentwicklungs-)Projekte sind doch oftmals sehr ähnlich!

Planung als Change Management: Agil auf Transformationsprozesse reagieren und krisenfeste Strukturen etablieren

Nach einem gemütlichen Beisammensein mit viel Austausch und Vernetzung beim gemeinsamen Abendessen direkt an der Elbe ging es am zweiten Tag ganz gezielt um neue Ansätze aus den Themenfeldern New Work und agilem Management, um besser auf die immer häufiger auftretenden Krisen und Disruptionen zu reagieren.Denn nicht nur die Corona-Pandemie, sondern auch Themen wie  Klimawandel und Migration machen tiefgreifende gesellschaftliche Veränderungsprozesse notwendig und erfordern, dass Planungs- und Verwaltungshandeln agiler werden. Wie können wir in unseren Projekten daran mitarbeiten, krisenfeste räumliche Strukturen aufzubauen und zu etablieren? Wie können Mitarbeiter:innen aus Kommunalverwaltung und Regionalplanung zu Change Manager:innen werden und auf disruptive Ereignisse schnell und flexibel reagieren oder diese sogar planerisch steuern? Welche Ansätze aus New Work und agilem Management lassen sich auf die Strukturen unserer Pilotprojekte übertragen?

Zu diesen Fragen gaben uns zunächst Nora Berg-Krebs und Sandra Würlich von denkmodell aus Berlin mit der Präsentation des agilen Modells der Organisationsentwicklungs-Schleife neuen Input.

In selbstmoderierten Gruppen diskutierten wir anschließend über Chancen und Möglichkeiten agiler Projektorganisation zu den Themenkomplexen “Neue Kooperationen und Allianzen”, “Schnell entscheiden und Ideen umsetzen” sowie “Interne Projektorganisation”. Aus den Gesprächen wurde deutlich:

  • Funktionierende Kooperationen brauchen gute Kooperationsstrukturen und geeignete Formate für eine gute Zusammenarbeit sowie eine neue Fehlerkultur, die einer experimentellen Herangehensweise mehr Raum gibt. Dabei sollten Zugangsbarrieren weitestgehend abgebaut werden, sodass möglichst vielen Akteuren und Bürger:innen die Mitgestaltung von Anfang an ermöglicht wird – beispielsweise im Format des Runden Tisches. Wichtig sind in diesem Zusammenhang Schlagworte wie Verbindlichkeit, Diversität, Selbstwirksamkeit sowie Transparenz.
  • Um Ideen möglichst einfach und schnell umsetzen zu können, lohnt es sich, die kurzen Zeiträume von PopUp-Formaten zu nutzen, Projektideen bei Bedarf auch während des Prozesses immer wieder anzupassen und Nutzer:innen als Multiplikator:innen einzusetzen. Häufig kann es sinnvoll sein, zunächst die begeisterungsfähigen Akteure und Bürger:innen ins Projekt einzubeziehen und im weiteren Projektverlauf Best Practices als Inspirationsquelle für kritische Stimmen zu nutzen. 
  • Die interne Projektorganisation kann durch Formate für Selbstreflexion und kontrollierte Feedbackschleifen sowie die Anerkennung von und Offenheit für Disruptionen ausgebaut werden. Besonders wichtig erschien uns auch das frühzeitige Denken an das “Danach” – denn alle Projekte sind zeitlich begrenzt gefördert. Die Erkenntnisse und Ergebnisse der Projekte sollten also beispielsweise durch Toolboxen oder Broschüren gesichert werden. Nur so können sie als Modell und Inspiration für andere Kommunen und Städte dienen.

Wir haben den Austausch und den Input dieser zwei inspirierenden Tage in Wittenberge sehr genossen und und freuen uns schon darauf, viele der Projekte beim Bundeskongress der Nationalen Stadtentwicklungspolitik im September diesen Jahres in Berlin wiederzusehen! 

Einen Rückblick auf die Vernetzungswerkstatt gibt es auch auf dem Stadtportal von Wittenberge: „Wittenberge begrüßte 15 Städte zur Vernetzungswerkstatt

Bei Fragen und Anmerkungen zu unserem Projekt PopUp Prignitz – Agentur für Freiräume oder unserem Programmbereich Wohnen & Raumentwicklung meldet euch gerne bei Felicitas Nadwornicek unter felicitas.nadwornicek@neuland21.de.

(Autorin: Felicitas Nadwornicek)