Tradition im Wandel: Der Maibaum als Symbol für Gemeinschaft

Wenn der Mai beginnt, werden in vielen Dörfern Deutschlands Maibäume aufgestellt – bunt geschmückt, aufgerichtet von der Dorfgemeinschaft, begleitet von Musik, Tanz und einem zünftigen Fest. Für viele ist es ein vertrautes Ritual, für andere ein lebendiges kulturelles Erbe, das über Generationen hinweg Gemeinschaft stiftet.

Wenn der Mai beginnt, werden in vielen Dörfern Deutschlands Maibäume aufgestellt – bunt geschmückt, aufgerichtet von der Dorfgemeinschaft, begleitet von Musik, Tanz und einem zünftigen Fest. Für viele ist es ein vertrautes Ritual, für andere ein lebendiges kulturelles Erbe, das über Generationen hinweg Gemeinschaft stiftet.

Doch was passiert, wenn man diesen traditionsreichen Maibaum aus dem Dorf herausnimmt – und ihn auf eine der größten Digitalkonferenzen Europas stellt?

Genau das tun wir in diesem Jahr: Mit unserer Installation „Maibaum der Generationen – Deine Träume für die Zukunft“ sind wir vom 26. bis 28. Mai 2025 auf der re:publica 25 in der STATION Berlin vertreten. Und wir bringen nicht nur den Birkenstamm und einen Kranz mit, sondern auch Lust auf Austausch – über Traditionen, Generationenfragen und das, was die verschiedenen Generationen heute und morgen prägt.

Eine Tradition mit regionalem Charakter

Der Maibaum ist nicht überall gleich. Während im bayerischen Raum häufig hohe, entrindete Baumstämme mit Zunftzeichen aufgestellt und „bewacht“ werden, bevor sie feierlich in die Höhe gezogen werden, sind es in Teilen Nord- und Ostdeutschlands eher kleinere, geschmückte Birken, die in Vorgärten oder an öffentlichen Plätzen landen – teils auch heimlich als „Liebesmaien“ – eine romantische Geste. In Nordrhein-Westfalen kennt man das „Maibaumklauen“, andernorts wiederum ist das Aufstellen vor allem ein Gemeinschaftsakt von Feuerwehr, Sportverein oder Jugendclub.

Diese Vielfalt zeigt: Der Maibaum ist kein starrer Brauch, sondern wird in verschiedenen Regionen unterschiedlich gelebt – mit eigenen Regeln, Bedeutungen und Symboliken. Auch wenn seine äußere Form oft stabil bleibt, lässt sich beobachten, dass sich sein Stellenwert und seine Funktion mit der Zeit verändern. Vielleicht ist der Maibaum gerade deshalb ein spannendes Symbol: Weil er offen genug ist, um immer wieder neue Fragen daran zu knüpfen – und weil er zeigt, dass Tradition und Wandel sich nicht ausschließen müssen.

Maibaum trifft re:publica

In unserer Installation hängen neben den typischen bunten Bändern auch farbige Kärtchen mit Zukunftsträumen – gesammelt und formuliert von den Besucher:innen der re:publica. Was bewegt die Generationen X, Y und Z? Was sind ihre Hoffnungen für die Welt von morgen? Und wie unterschiedlich oder ähnlich sind diese Visionen wirklich?

Der Maibaum wird hier zum Ort der Begegnung: ein temporärer, symbolischer Treffpunkt, an dem Menschen ihre Perspektiven sichtbar machen – und vielleicht ins Gespräch kommen über das, was sie verbindet oder unterscheidet.

Was das mit dem ländlichen Raum zu tun hat

Bei neuland21 beschäftigen wir uns tagtäglich mit der Frage, wie digitale und soziale Innovationen den ländlichen Raum lebenswerter, gerechter und zukunftsfähiger machen können. Dabei stellen wir immer wieder fest: Es braucht neue Ideen – aber auch ein tiefes Verständnis für das, was schon da ist.

Traditionen wie der Maibaum können genau das sein: Ankerpunkte, an denen sich neue Formen von Beteiligung, Begegnung und Gemeinschaft entwickeln lassen. Sie schaffen Identität und Zusammenhalt – und sie geben uns die Möglichkeit, Transformation nicht nur zu gestalten, sondern auch zu verorten. Gerade im ländlichen Raum ist das entscheidend: Wenn Wandel gelingt, dann nicht im luftleeren Raum, sondern auf dem Boden gewachsener Kultur und gelebter Praxis.

Die zentrale Frage lautet also: Wie lassen sich solche gewachsenen Symbole für neue Formen der Beteiligung fruchtbar machen? Könnte ein digitaler Maibaum beispielsweise auf einer digitalen Ehrenamtsplattform „aufgestellt“ werden – eine Gruppe oder ein Space als Projektionsfläche für Zukunftswünsche, als Treffpunkt für Generationengespräche, als Format für Jugendbeteiligung oder Dorfentwicklung? Wir glauben: Solche Brücken zwischen Tradition und Innovation verdienen mehr Aufmerksamkeit.

Dabei muss Transformation nicht immer radikal oder vollständig neu gedacht sein. Manchmal reicht eine behutsame Erweiterung, eine kreative Abwandlung oder eine gezielte Kommunikation des Bestehenden. So, wie wir unseren Maibaum mit den bunten Bändern um die Zukunftsträume der Besucher:innen ergänzt haben, könnten auch in ländlichen Räumen bestehende Traditionen neu inszeniert oder kontextualisiert werden. Der Maibaum ließe sich etwa stärker als das sichtbar machen, was er vielerorts ohnehin schon ist: ein lebendiges Symbol dörflicher Gemeinschaft, Zusammenhalt und Teilhabe.

Warum nicht bewusster darüber sprechen, was der Maibaum heute bedeutet – für Junge wie Alte, für Alteingesessene wie Zugezogene? Warum ihn nicht auch medial – lokal oder digital – begleiten, dokumentieren oder als Anlass für Gespräche über das „Wir“ im Dorf nutzen? Solche Impulse müssen nicht groß oder aufwändig sein – oft reicht ein neuer Blickwinkel, um aus einer traditionellen Praxis einen Resonanzraum für Zukunftsfragen zu machen. Denn gerade im ländlichen Raum steckt in diesen scheinbar alltäglichen Ritualen ein enormes Potenzial: für Verständigung, für Teilhabe – und für das, was wir gesellschaftliche Innovation nennen.

Der Maibaum als Denkfigur

Mit unserem Maibaum auf der re:publica möchten wir zeigen: Tradition und Innovation schließen sich nicht aus – sie können sich gegenseitig befruchten. Der Maibaum wird so zur Denkfigur: ein Symbol für Wandel, der nicht alles Alte über Bord wirft, sondern mit dem Bestehendes neu gedeutet und weiterentwickelt werden kann. Vielleicht inspiriert unser Maibaum auch andere Menschen oder Orte – zu neuen Formen des Austauschs, zu mehr generationenübergreifendem Miteinander oder einfach zu einem neuen Blick auf das, was längst da ist.

Maibaum der Generationen: Deine Träume für die Zukunft
re:publica 25 – STATION Berlin, Expo Area / Halle 3